Abschied, Rückflug, Heimkehr

Mein letzter Tag in Sydney begann ganz gemächlich, da mein Flugzeug erst um 10 nach 4 abheben würde und ich auch mit Nicole erst um 12 Uhr auf dem Flughafen verabredet war. Pünktlich um 11.30 Uhr kam das Taxi. Von Verlie verabschiedete ich mich ohne besondere emotionale Bewegung, da sie doch nicht mehr als eine gute Vermieterin gewesen war. auf dem Flughafen wartete ich also mal wieder - zum letzten Mal auf Nicole. Und sie kam - wie fast immer - zu spät. Zum Glück hatte ich mich schon eine Stunde vor dem Beginn des Gepäckeincheckens mit ihr verabredet. So kam sie an, als ich gerade in der Schlange stand und wartete meinen schweren Koffer los zu werden. Wie immer war es nicht ihre Schuld, daß sie zu spät kam, und wie immer war ich nur noch glücklich, daß sie überhaupt kam. (Üblicherweise warte ich erst geduldig, nach 30 min ungeduldig, werde nach eine ¾ Stunde verärgert, aber bin nach einer Stunde nur noch glücklich, wenn sie dann kommt. - Ach so, das hätte ja jetzt Past sein müssen, weil es ja Vergangenheit ist und ich nicht mehr auf Nicole warten muß oder besser kann. Ich könnte glatt los heulen, wenn ich mir das jetzt so schreibend vor Augen führe.)

Mein Koffer wog 30,4 kg (und das bei einem Limit von 20 kg), aber ich hatte Glück man ließ mich, ohne mich für das Übergewicht zahlen zu lassen, davon kommen. Nun hatten Nicole und ich noch reichlich 2 Stunden Zeit um von einander Abschied zu nehmen. Erst tranken wir einen Kaffee und erzählten uns gegenseitig, was wir in den letzten Wochen so erlebt hatten. Diese letzten Treffen sind auf dem Flughafen sind jedes Mal wieder eine komische Situation, weil man - selbst wenn man die ganze Zeit darüber redet - den Gedanken das man sich wirklich trennt bis zur letzten Umarmung recht erfolgreich verdrängt. Um 15.30 Uhr war es dann aber so weit und nichts konnte es mehr verschieden: wir umarmten uns zum Abschied. Nein nie zuvor hielten wir uns so lange und rückhaltlos in den Armen. Mir war vorher gar nicht bewußt gewesen, daß Nicole so viel kleiner war als ich und wie zierlich sie war. (Wo ich dieses tippe steigen mir wieder die Tränen in die Augen, denn wenn ich an diesen Abschied denke, wird mir wieder bewußt, daß ich sie nicht einfach morgen besuchen kann und auch nicht weiß ob und wann wir uns mal wieder sehen. Ich weiß und wußte es von Anfang an, daß dieses passieren würde und das es nichts gab und gibt um es zu ändern. Nur die Zeit kann mir über diesen Schmerz helfen und ich weiß noch überhaupt nicht, ob ich das wünsche.) Aber in dem Moment fühlte ich absolut nichts, da war nur eine Leere.

Durch die Kontrolle kam ich ohne irgendwelche Probleme, obwohl mein 'Handgepäck' (mein 35 l Rucksack) bestimmt das 4fache der zugelassenen 5 kg wog. Aber es wurde nur durchleuchtet und nicht gewogen. eine halbe Stunde mußte ich noch warten, bevor wir ins Flugzeug (eine Boing 747 - 400) durften. So setzte ich meine letzten Münzen (A$ 3.30) in Schokolade um. Das Flughafengebäude hatte Spiegelglas, so war es hoffnungslos nach Nicole Ausschau zu halten, aber ich wußte sie war da. Im Flugzeug hatte ich einen Fensterplatz und nur noch ein Problem: wohin mit meinem Rucksack? Im Endeffekt hatte ich ihn zwischen meinen Füßen unter dem Vordersitz. Ich saß neben zwei netten älteren Damen die schon von Neuseeland kamen. Die Skyline von Sydney konnte ich noch ein letztes Mal sehen, als wir zur Startbahn rollten. Um 4.30 Uhr hoben wir ab.

In neuntausend vierhundert Meter Höhe flog ich jede Stunde achthundert fünf und achtzig Kilometer weiter weg von Sydney und Australien (auch wenn es immer noch unter mir lag) und damit von einem Ort, wo ich die letzten 10 Monate gelebt hatte, Freunde fand, meine Sicht auf die Welt veränderte, und wohin ich nie mehr zurückkehren konnte. Denn selbst wenn ich wieder in Sydney wäre, wer sonst wäre schon da. Alle, mit denen ich im September das erste Mal das EF House betrat, sind nun verstreut über die ganze Welt. Ja, Nicole ist noch da, aber auch sie wird gehen.

Um 6 pm Sydney Zeit gab es ein gutes Dinner. Da ich mit Thai Air unterwegs war, war es natürlich asiatisch abgeschmeckt, was mit sehr zusprach. Ach so, warum ich mit meinem Lufthansaticket Thai Air flog? Nun, Lufthansa bietet jeglichen Service in den asiatischen Raum nur noch in Kooperation mit Thai Air an, und so flog ich Thai Air mit meinem Lufthansa Ticket. Da wir mit der Sonne mitflogen und uns auch noch recht hoch befanden, ging selbige erst um 7 pm (Sydney Zeit) für uns unter und die lange Nacht, die 17 Stunden dauern würde begann. Zu der Zeit beendete ich gerade mein Dinner - es gab einen Fisch mir Currysauce und Reis und natürlich noch vieles andere, wie das so üblich ist in Flugzeugen - mit einem Glas Wein. Der war australischer, auch inklusive und recht gut. Er wurde in niedlichen Gläsern serviert, die ich nicht zurück gab sondern als Andenken an diesen Flug sammelte. (4 Stück) Ich hoffe, die Leute von Thai Air sind mir deshalb nicht zu böse, denn das wäre sehr schade, weil sie ausgesprochen freundlich waren, und ich mich jedes Mal, wenn ich aus ihren Gläsern trinken werde an diesen freundlichen Flug und die lächelnden Flight Attendants erinnern werde.