Heute nun, es ist der 17.4.1996 - also einen Monat und 11 Tage nach meiner Abreise, beginne ich niederzuschreiben, was mir alles in 4 Wochen und 4 Tagen passiert ist.
Den ersten wichtigen Punkt meiner langen Reise erreichte ich schon nach etwas mehr als einer halben Stunde nach dem ich mein Quartier in Sydney verlassen hatte. Es war Wynyard Station, Sydney, wo ich mich mit Nicole traf, um Lunch zu essen, und so gestärkt (nicht nur durch die Zufuhr chemischer Energie) diese Reise zu beginnen. Ich war natürlich rechtzeitig am Bus der um 15.15 Uhr abfuhr in Richtung Adelaide, wo wir 22 Stunden später ankommen sollten. Mc Cafferty's , so der Name der Buskompanie, ist nämlich Greyhound Pioneer schon seit Jahren in Australien unterwegs - um exakt zu sein seit über 50 - und unterhält ein ganzes Netz von Fernbusverbindungen. Das erste Zwischenziel war Canberra, wo wir 20 Uhr ankamen und für 30 min blieben. Auf dem Weg dorthin habe ich ein ganzes Greenpeace Magazin (Mutti hatte es mir zu Weihnachten gesandt) gelesen, und nun suchte ich nach der Möglichkeit mir eine Stärkung zu Gemüte zu führen. Da das Angebot der empfohlenen Gaststätte trotz Sonderpreises recht teuer war sucht ich mir Erfolgreich einen McDonald und bekam dort einen Milchshake und Tee. Auf der Weiterfahrt wurden wir mit einem netten Video unterhalten und in der Nacht konnte ich dann sogar zu einem freien Doppelsitz wechseln, was zum Schlafen doch besser geeignet ist. Da Busse von Natur aus - wie auch Flugzeuge - im Gegensatz zu Zügen nicht viel Platz bieten, ist eine 22 stündige Fahrt dementsprechend anstrengend, und auch wenn man einen Doppelsitz zur Verfügung hat, kann von entspannendem Schlaf kaum die Rede sein. Von Canberra nach Adelaide sind wir dann auf direktesten Wege gefahren und haben nur wenige Stops gemacht. Einer davon war mitten in der Nacht - so von 2 Uhr bis 2.30 Uhr - in Griffith. Das ist eine 80 Jahre alte Stadt mit um die 22.500 Einwohnern, die in einem Wein- und Reisanbaugebiet liegt, wo so gar Zitrusfrüchte gedeihen. Alle diese Informationen laß ich auf einer Informationstafel beim Imbiß (mit Tankstelle), an dem wir hielten. Zum Frühstück (kurz vor acht) waren wir dann in Mildura, wo ich meine ganze Reiseverpflegung (2 halbe rock melons - eine besonders schöne Sorte Melonen) essen mußte, da wir bald die Fruchtgrenze nach South Australia überqueren sollten. Um die Verbreitung von allen möglichen Fruchtkrankheiten, Schädlingen usw. zu verhindern kommt man in diesem sonst grenzenlosen Kontinent immer mal wieder an diese Fruchtgrenzen, über die kein Obst oder Gemüse gebracht werden darf. Ach ja, zum Wetter läßt sich noch vermerken, daß es im Allgemeinen - mit Ausnahme der Nacht - sonnig war und recht schön. So blieb es dann auch bis Adelaide und - um das schon mal vor weg zunehmen - für den Rest meiner Großen Reise. Wir machten dann noch einmal 131 km von Adelaide Stop am einer dieser Tankstellen, die einfach so an der Straße herum stehen - in der Mitte von Nirgendwo. Ringsherum nichts. Aber diese Tankstellen sind so was wie Zentren, denn hierher kommen von den Umliegenden Farmen die Leute, im Shop kauft man was man in der Stadt vergessen und hier werden wohl auch die letzten Neuigkeiten ausgetauscht. Ich hatte hier auf jeden Fall noch einmal einen Snack. Um 1 Uhr Nachmittags am 7. März 1996 war ich dann endlich in Adelaide.
Am Busterminal wurde ich abgeholt von dem Backpacker Hostel, wo ich angemeldet war. Nicht nur, das es in Australien viele dieser recht preiswerten Hotels gibt (normalerweise zahlt man nicht mehr als A$ 10 bis 15 pro Nacht), meistens ist auch ein Abholservice included. Nachdem ich dann mein Bett in Besitz genommen hatte, beschloß ich doch einfach mal Nathan anzurufen. Er war letzten Sommer (Juli '95) für 3 Wochen bei uns zu Gast, als er sein Austauschjahr in Deutschland begann. Da ich nun natürlich nicht bedacht hatte, daß es ein ganz normaler Freitag ist, und somit Nathan nicht zu Hause. Aber seine Mutter war sehr herzlich und bot mir an mich abzuholen, so daß ich den nachmittag mit Nathan zusammen sein könnte. Und so kam es auch. Ich schlenderte mit Nathan durch die City, kaufte auch noch ein paar mehr Filme (ich hatte schließlich nur 6 mit mir) und war am Abend so gar noch zum Tee eingeladen. Tee wurde aus mir unergründlichen Gründen das Dinner genannt - zu dem es übrigens gar keinen gab. Um 8 war ich wieder zurück im Hostel, wo ich eine Information von OZ Experience fand - um die ich mich aber nicht weiter kümmerte, und ging zu Bett.
Um 5 Uhr am nächsten Morgen bin ich dann aufgestanden, um um 6.30 Uhr fertig zu sein. Bis 10 nach 7 wartete ich geduldig, da ich ja schon wußte, das diese Buskompanie niemals pünktlich ist. Dann rief ich aber doch mal an und erfuhr so, daß der Bus nun doch am Samstag abfahren würde. Darauf hin kramte ich den Zettel mit der Nachricht von OZ Experience wieder aus dem Papierkorb und laß es gründlich und stellte fest, daß mir die Nachricht genau das erzählen sollte, ich das aber nicht mitbekommen hatte. Nun hatte ich also ein Problem. Eigentlich war es noch ganz glücklich, da mein Plan ja einen Tag in Alice Springs vorsah, vor meiner Safari zu Uluru. Ich wollte aber 2 Tage in Alice haben, und so verlagerte ich den ganzen weiteren Trip bis Darwin um einen Tag nach hinten - nach vielem herumtelefonieren sogar erfolgreich.
Nun hatte ich also einen ganzen Tag in Adelaide und daß, wo ich doch schon am Vortag feststellte, daß diese Stadt mir nicht mehr viel Neues bieten konnte. Ich war ja schon Silvester für 3 Tage hier. Aber ich traf einen netten bloke im Hostel und da gerade ein Festival statt fand beschlossen wir uns das mal anzusehen. Das Adelaide Fringe Festival - von Ende Februar bis Mitte März - ist ähnlich dem Sydney Festival. So wanderten wir zu zweit durch die City und schauten was da so los war - und das war eine ganz Masse. Allerdings ist es mit all diesen Festivals solch eine Sache, man muß wissen, wo was los ist. Also holten wir uns jede menge Programme und studierten diese ausführlich, bevor wir beschlossen, daß wir, da die meisten Sachen Abends beginnen, erst einmal zum Botanischen Garten gehen und das Tropenhaus sehen wollten. Das war dann auch wirklich beeindruckend, da es das größte und aufregendste Glashaus der südlichen Hemisphäre ist. Außerdem wurde ich dort von einer älteren Dame als buddhistischen Mönch identifizierte und mein Begleiter als Tibetaner. Man trifft schon komische Leute wenn man genug Zeit hat.
Nach einem ganzen Tag in der Stadt beschlossen wir auch noch richtig Kultur zu erleben und einer der vielen Theaterangebote wahrzunehmen. Aber zuvor brauchten wir ein Dinner. Da wir, wie alle Backpacker (Leute die mit Rucksack [engl. backpack] unterwegs sind) kurz an Geld waren, nahmen wir ein besonderes Angebot war: eine Einladung zu einem indisch - vegetarischen Essen für nur A$ 3 (ermäßigt) bei Harre Krishna. Da wir beide nie zuvor bei dieser Sekte zu Gast gewesen waren, erwarteten wir nun also das Verrückteste und wurden angenehmste überrascht. In einem netten Raum im ersten Stock fanden wir dieses besondere Restaurant. Niemand versuchte uns mehr als unser Essen zu geben, was, das muß hier unterstrichen werden, ausgezeichnet war und so reichlich (mit Dessert) das wir nicht mehr hätten essen können. Dann gingen wir zu Japan Experience, um Shakti eine japanische Tänzerin (chinesischer Abstammung) und ihre Gruppe zu erleben. Diese Darbietung modernen Tanzes war atemberaubend. "Eros der Liebe und Verlichtung" versprach das Programm und das war es auch: unkonventionell und erotisch, voll Energie und Ausdruck. Nach meiner Interpretation - ich kann mich irren - versuchte sie die widersprüchlichen Gefühle der Frauen in der asiatischen Gesellschaft auszudrücken, die auch heute noch in einer viel Stärkeren Abhängigkeit vom Mann sind. Und dabei, schließlich ist sie Japanerin, war das ganze auch ästhetisch beeindruckend. Auch wenn es eine Verallgemeinerung ist, ist gerade den Japanern ein besonderer Sinn für das Schöne eigen. Nach diesem enormen Tanz gingen wir durch die City zurück zum Hostel. Jetzt war richtig viel los auf den Straßen: voll wie sonst selten und an jeder Ecke Straßenkünstler. Da ich aber nun am nächsten Morgen wieder früh aufstehen mußte, der Bus sollte ja wirklich kommen, gingen wir direkt zum Hostel und ich um halb 11 zu Bett.