Was ansonsten los war? Am Dienstag habe ich mir aus der Stadtbibliothek wieder das Buch "A Model Childhood" ausgeliehen, um es - ich hatte vor meinem Xmas Trip angefangen - zu ende zu lesen und am Donnerstag (8.2.96) bekam ich einen Brief von meiner (deutschen) Reisekrankenversicherung, daß sie meine Zahnarztkosten anerkennt und voll Rückerstattet. Diese Versicherung hat sich also gelohnt (kostete mich 294 DM und hat mir bis jetzt 345 DM gebracht). Und dieses Wochenende verbrachte ich mit lesen. Auch wenn Christa Wolf bestimmt nicht den einfachsten Schreibstil hat, hatte ich keine Probleme ihr auch in Englisch zu folgen. Für alle, die dieses Buch nicht kennen, sie arbeitet darin ihre Kindheit / Jugend in der Nazi-Zeit auf. Ja dieses Buch hat mich sehr berührt, auch wenn vielleicht in einem anderen als den zu erwartenden weg. Ersteinmal versetzte mich diese Lektüre in einen sehr seltsamen Zustand, da es für mich ein Stück Heimat (?) ist, wo ich soo weit weg bin. Ich fügte den 3 Schichte des Buches noch mindestens drei weitere - die meines Lebens / jetzigen Gefühlszustandes hinzu. Ich verstand auf einmal, was Menschen - normalerweise ältere - dazu bringt Autobiographien zu mögen. Es ist nicht primär die Erzählung des anderen Lebens, sondern es sind die Assoziationen die da geweckt werden. Da Christa Wolf in diesem Buch über eine Epoche ihres Lebens schreibt, die auch in meinem Leben schon Vergangenheit ist, kamen auch mir viele, viele Bilder in den Kopf. Es war also weniger das Buch an sich als viel mehr meine aufsteigenden Erinnerungen, die mich an dieses Buch fesselten.

Aber Sonntag war ich fertig und nutzte die Zeit um endlich die letzte Weihnachtspost zu beantworten. Außerdem war ich noch am Abend mit Verlie zum Gottesdienst (bei der Heilsarmee). Das war richtig wohltuend obwohl meine letzter Kirchenbesuch nur eine Woche zurücklag. Den Sonntag zuvor war ich bei der deutschen, lutherisch - evangelischen Kirche - mit Abendmal! (So etwas gibt es bei der Heilsarmee ja nicht.) Montag holte ich mir ein neues Buch (Since Fiktion, sehr spannend aber nicht tiefgründig) aus der Bibliothek und Dienstag überlegte ich mir recht konkret wie ich über Ostern herumreisen möchte - 30 Tage sind ja gar nichts! Ansonsten geht das Leben so seinen Lauf.

Mittwoch, der 14.2., war dann Valentin und aus diesem Anlaß ließ ich Nicole auch eine Karte zukommen. Den Rest der Woche passierte dann nichts wichtiges mehr. Aber Sonntag (18.2.) war der Abend vor Chinese New Year, denn in China gilt auch der Mondkalender. Den Nachmittag / Abend verbrachte ich in China Town und hatte recht viel Spaß dabei all den Menschen zu zu sehen. Montag holte ich mir dann einen anderen Roman aus der Bücherei; über Virtuelle Realität. Mittwoch der 21. Februar 1996 ist dann wieder ein wichtiger Tag, da ich an selbigem die Mitteilung bekam, daß ich im Cambridge Exam das First Certificate of English - mit C also gerade so - bestanden habe. Nachdem ich mit Mutti telefoniert hatte, um ihr diese Neuigkeit mitzuteilen, packte mich Panik. Mit einem Mal wurde mir bewußt, das ich nur noch 2 ½ Wochen bis zu meinem Osterferien Trip habe - und nicht genug Geld um es zu bezahlen. Nach einer unruhigen Nacht fand ich heraus, das der schnellste Geldtransfer nur 48 h braucht und als auch noch mein Reisebüro meine es wäre überhaupt kein Problem das alles 5 Tage vorher zu buchen, entspannte ich mich und warte nun geduldig das das Geld Donnerstag (29.2.) ankommt.

Aber nun war das nicht alles, was so hier los war. Das wäre ja auch zu langweilig! Am Donnerstag den 22.2.96 war ich bei "Miss Saigon". Ich war zusammen mit 4 anderen von EF - u.a. 3 Mädchen aus Taiwan, die das nächste Wochenende zurück fliegen mußten. Miss Saigon ist eines dieser berühmten Musicals wie auch Das Phantom der Oper oder Cats aber halt bei einem unbekannteren Komponisten, was man leider auch merkt. Es geht um einen amerikanischen Soldaten, der sich in Vietnam in ein Mädchen verliebt, sie bei der Flucht aber zurück lassen muß. In den Starten beginnt er dann nach großen Problemen ein neues Leben und heiratet auch. Das Mädchen in Vietnam aber bekommt einen Sohn und schafft es mit diesem nach Bangkok zu kommen. Und nun haben wir die klassische Tragödie, den der ehemalige Soldat steht zwischen seiner Frau, seiner großen Liebe, die ihm treugeblieben ist und dann ist da noch sein Sohn. Im Ende Am ende wird der Sohn in die amerikanische Familie aufgenommen und das vietnamesische Mädchen begeht Selbstmord. Das ganze mit toller Musik, aber so amerikanisch: ein amerikanische Soldat in einem amerikanischen Krieg mit amerikanischen Beziehungsproblemen und ganz Vietnam ist nur Kulisse. Aber es hat sich gelohnt - vor allem da wir Plätze für A$ 10 bekamen. Am Freitag hatte ich dann einen Test in der Schule, ob ich das CPE (Cambridge Proficiency Exam - das höchste Cambridge Exam) versuchen kann. Heute (27.2.) habe erfahren ich könnte es versuche, muß aber hart arbeiten. Nun muß ich entscheiden, ob ich das möchte. Außerdem spielte am Abend noch die Band, in der der eine unserer Lehrer Gitarre spielt. Da waren natürlich viele der Studenten und wir hatte viel Spaß. Das Wochenende verbrachte ich fauler Weise lesend und Briefe schreibend zu Hause und war nur am Sonntag mit Verlie in der Kirche. Und Sonntagabend kam im Fernsehen eine Übertragung von "Lee Miserable". Gestern habe ich dann noch ein paar mehr Grüße geschrieben - ich habe noch immer nicht an alle die einen bekommen wollten welche geschickt, und heute war ich mal wieder mit Nicole zusammen. Aber zuvor klärte ich mit Lufthansa ab, das ich keine Probleme haben werde irgendwann zwischen dem 15. und 30. 6. zurück zu fliegen. Nachdem ich Mitte Juni mein 2. Cambridge Exam absolviert habe.

Am Mittwoch ließ ich mir dann meine Haare (zum 2. Mal) kurz scheren und Donnerstag (29.2.96) kam endlich mein vieles Geld für meine große Reise und die letzte Zeit in Australien an. Also bin ich nach der Schule zum Reisebüro und habe (fast) den ganzen Trip fertig gebucht und A$ 1.615 dafür bezahlt. Nun ist es also verbindlich: am Mittwoch den 6. März fahre ich erst mit dem Expreßbus nach Adelaide (das dauert nur 22 h) und beginne am Freitag meine große Reise von dort. Es geht mit dem OZ Experience in 3 Tagen nach Alice Springs und von dort zu einer 5 Tage Safari zu Uluru und der ganzen Umgebung. Das nächste Ziel ist dann das Top End - also Kakadu Nationalpark, Darwin usw. Von dort fliege ich nach Cairns (am 28.3.) und nach ein paar Tagen dort geht es mit OZ Experience in 7 Tagen wieder zurück nach Sydney.

Diese ganze Bucherei zog sich fast 2 h hin, aber im Ende hatte ich alles was ich wollte gebucht und ging zu Nicoles Schule, wo wir um 5 Uhr verabredet waren, da wir Karten für "Das Phantom der Oper" hatten und zuvor noch Dinner essen wollten. Wir hatten dann ein gutes Essen in China Town (2 h) und einen tollen Abend im Theater. Ich war vom Phantom auch beim 3. Mal begeistert und für Nicole war es das erste mal das sie europäisches Theater sah. Sie kannte zuvor nur chinesisches.

Es ist jetzt der 5. März, 6.27 Uhr morgens und der verehrte Leser wird sich jetzt besorgt fragen, ob ich denn noch alle beisammen habe. Ja, ich habe, aber keine Zeit und darum bin ich heute fast eine Stunde früher aufgestanden um hier noch in der Nötigen Ausführlichkeit zu erzählen, was so los war hier in Sydney in den letzten Tagen, bevor ich morgen dann endlich auf meinen 'großen Trip' gehe. Also am Ende werde ich noch den Bus verpassen, ich komme einfach nicht voran mit dem Sachen packen. In Gedanken ist mein Rucksack natürlich schon längst gepackt, mein Zimmer aufgeräumt; aber in Realität? Die letzte Wäsche hängt noch auf der Leine und mein Zimmer sieht aus. . . Heute Abend wird sich das ändern!