Am Donnerstag, den 26.10.95, mußte ich dann ersteinmal meine Latschen zum Schuster bringen. Das hat man also davon, wenn man in Deutschland in einem großen Kaufhaus - dessen Namen ich hier nicht nennen möchte - für nur 14,- DM Schuhe kauft, die Sole kann nicht so schnell gehen wie der restliche Schuh, und bleibt irgendwann einfach zurück. Aber A$ 8,- und der Leim eines guten Schusters haben ihr wieder auf die Sprünge geholfen. 2. Ereignis dieses Tages, mein Drucker streikt. Da wollte ich gerade einen Brief an meine liebe Mutti ausdrucken, und dann hat der Printer beschlossen, das er keine Farbe mehr hat. Also mußte ich am nächsten Tag ersteinmal Farbe kaufen. Aber ich hatte Glück. Ich bekam einen Nachfüllpack und mußte nur A$14 anstatt A$ 40 bezahlen. Seit dem sehen meine Ausdrucke, z.B. dieser Reisebericht, nicht mehr ganz so perfekt aus, aber es reicht hoffentlich noch. (Für alle die etwas davon verstehen: Dieses ist mit einem Tintenstrahldrucker gedruckt, auch wenn es wie ein 24 - Nadel - Drucker aussieht.) Aber wie jeden Freitag, war diesen Freitag noch etwas mehr los. Erst hatten wir in der Schule einen Zuhörtest, also ob wir fähig sind Englisch zu verstehen, mit dem ich keine Probleme hatte. Da bekamen wir einen Fragebogen und eine Kassette mit verschiedenen Dialogen vorgespielt, und mußten dann die richtigen Antworten ankreuzen. Außerdem wurde diese Nacht von verschiedensten Frauengruppen (Feministinnen u.a.) zur »Nacht der Frauen« erklärt. Das heißt, diese Nacht sollte jede Frau gefahrlos, auch nach Einbruch der Dunkelheit, auf der Straße sein können. Dazu gab es eine Demonstration mit Kerzen, Kostümen, viel Lärm, Kind und Kegel aber zum größten Teil ohne Männer durch ganz Sydney zum Circular Quay. Dort war eine Bühne aufgebaut, auf der verschiedene z.T. sehr gute Künstler auftraten, und viele Stände verschiedenster Initiativen. Der Platz vor der Bühne war für Frauen reserviert. Also mußten alle Männer außen herum gehen, und konnten nur von der Seite dem Konzert lauschen. Die restliche Nacht bin ich mit Antonio durch Sydney gelaufen, und zum Schluß waren wir noch im Kings X Hotel. Am Samstag war ich bei einer Geburtstagsparty. Aber die war leider etwas langweilig, und ich verlor eine der Flaschen Wein die ich dabei hatte, aber nicht brauchte. Also ich denke, jemand hat sich da an meinem Rucksack bedient, aber ich bezweifle, daß ich noch einmal etwas von der Flasche höre oder sehe.

Sonntag (29.10.95) war ein fauler Tag. Nur am Abend war ich zu einem Festgottsdienst in der Stadt. Anläßlich des Reformationstages (in Australien wird normaler weise vor- und nicht nachgefeiert) hielten die deutsche und die australische lutherische Kirche einen großen Festgottesdienst mit über 50 Besuchern. Die Predigt hielt ein katholischer Priester. Das war sehr interessant, und außerdem hielten wir noch das Abendmal. Nach dem Gottesdienst waren alle eingeladen noch eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken. Es war alles in allem ein sehr gute Abend. Montag Abend sah ich dann den sehr guten, aber anstrengenden Film »Lair, Lair (Lügnerin, Lügnerin). Es geht um ein 11-jähriges Mädchen, das ihren Vater beschuldigt sie sexuell mißbraucht zu haben. Die Geschichte dieses Mädchens wird sehr einfühlsam und vorsichtig geschildert. Es ist bis zum Schluß nicht 100%-ig ob sie die Wahrheit erzählt, oder lügt. Die entscheidende Aussage während des Gerichtsprozesses kommt dann von ihrer älteren Schwester, die sie erst der Lüge bezichtigt, dann aber aussagt, daß sie ihrer Schwester glaubt, denn "sie ist nicht die erste". So wird der Vater im Endeffekt des sexuellen Mißbrauchs der ältesten Tochter schuldig und, der unklaren Beweislage wegen, dessen der jüngeren Tochter nicht Schuldig gesprochen. Dieser kanadische Film hat mich so sehr bewegt, das ich ersteinmal mit Verlie, die den Abend aus war, einen Tee trinken und ihr von dem Film erzählen mußte. Das einzig nervende am australischen Fernsehen ist die Masse an Werbung. Es ist bedeutend mehr als in Deutschland, und gerade in Filmen wie diesem ist es besonders störend. Überhaupt ist das australische Fernsehen recht verschieden vom Deutschen, oder dem das ich in Deutschland sehe. Hier gibt es nur einen staatlichen Fernsehkanal (ABC), und der ist auch werbefrei, aber er ist auch wirklich nicht sehr sehenswert. Und die Privaten (seven, Channel 9 & ten)? Die sind wie RTL oder Sat 1. Also eine Masse amerikanische Serien und meistens Schund. Insgesamt gibt es viel weniger Spielfilme, und auch nicht so viele Sender. Ich glaube, es gibt zwar 2 Anbieter von Satellitenprogrammen als Paket, aber die sind nicht so verbreitet wie in Deutschland Satellitenschüsseln.

Die restliche Woche (31.10. - 4.11.95) war nichts interessantes mehr los. Am Dienstag habe ich sehr günstig einen Schlafsack gekauft (A$ 18,-), und am Freitag hatten wir einen Test im Oral Exam (mündliches Examen, also ein Interview). Dieser Test verlief zu meiner vollsten Zufriedenheit. Außerdem war ich noch auf der Suche nach Weihnachtskarten, aber das ist in Sydney genauso schwer wie in Schwerin. Warum ich jetzt schon nach Weihnachtskarten suche? In den Kaufhäusern stehen schon die ersten Weihnachtsbäume (natürlich aus Plastik), und da fühlte ich mich halt so. Und außerdem muß ich die Weihnachtspost fertig haben, bevor ich in die Weihnachtsferien fahre. Nun, also ich fand keine Weihnachtskarten, oder vergleichbares. Aber ich kaufte für Verlie ein Weihnachtsgeschenk: das Buch »Der kleine Prinz«. Sie kennt es noch nicht, und ich fand eine schöne Ausgabe mit bunten Bildern.

Samstag war dann mal wieder ein Briefschreibe - Tag. Außerdem war das Wetter, wie schon die ganze Woche nicht gerade berauschend. Es ist recht warm. Einen Tag waren es bis zu 32ºC und an den anderen so um 25ºC. Dabei schien aber nicht ein bißchen Sonne. Es war total bewölkt und ab und zu gab es als Zugabe noch einen Schauer. Sonntag war aber wieder etwas besonderes. Um Halb 10 trafen wir uns am EF House um ein typisch australisches B.B.Q zu haben. Dazu mußten wir uns ersteinmal einen Platz an einem schönen Strand suchen. Also sind wir zum Bondi Beach gefahren, und von dort zum Bronte Beach - 2 Buchten weiter - gewandert. Das war ein wunderschöner Weg entlang der Küste. Normaler weise fällt das Land hier recht steil und felsig in den Pazifik, aber es gibt immer wieder größere und kleinere Buchten mit schönen Sandstränden. Also außer einem dieser Strände braucht man dann noch einen Grill, Fleisch usw. So lagen wir fast den ganzen Tag am Strand in der Sonne oder halt im Satten. Das mit dem B.B.Q zögerte sich etwas hinaus, da wir nicht die einzigen waren, die auf diese Idee gekommen waren. Aber im Endeffekt hatten wir viel gutes Lammfleisch - eine der beliebtesten Fleischsorten in Australien, mit einem unverwechselbaren Geschmack. Aber natürlich waren wir auch baden - von schwimmen konnte keine Rede sein, da die Wellen sehr heftig waren. Also Wellen . . . Die der Ostsee sind dagegen nichts. Und stark . . . es war schon fast gefährlich. Einmal bin ich nur 3, 4 Züge rausgeschwommen, gerade so weit, das ich keinen Boden mehr unter den Füßen hatte. Um zurück zu kommen mußte ich richtig kämpfen. Immer, wenn ich 1, 2 Züge geschwommen bin, kam die nächste Welle und begrub sich unter mir. Und wenn so eine Welle über Dich hinweg braust, hilft nur noch Luft anhalten und hoffen, daß man genug Zeit hat Atem zuschöpfen bevor die nächste Welle kommt. Als ich mich endlich zurück gekämpft hatte, konnte ich mir vorstellen, wie man in so einer See ertrinken kann. Einfach, weil man keine Zeit hat Luft zu holen. Aber alles in allem war es ein richtig schöner Tag, und ich habe es geschafft keinen Sonnenbrand zu bekommen. Nur mußte ich diesen Abend - so zwischen 10 und halb 12 - Hausaufgaben machen.

In dieser Woche (6.11. - 11.11.95) habe ich nur meine Fotos vom 3. Film zurück bekommen und war am Mittwoch noch am Bondi Beach Am Donnerstag waren wir in einer Disco, aber ich bin schon recht Früh nach Hause gefahren, da später keine akzeptable Verbindung existiert. Am Freitag hatten wir eine recht interessante Lesung über Victoria - den besten Staat Australiens, und außerdem war ich noch in The Art Gallery of New South Wales. Das ist eine sehr interessante und vielseitige Kunstgalerie. Das Gebäude erstreckt sich über 5 Etagen und die Kunstwerk von europäischer Kunst des 19. JH bis zu japanischer Fotografie, von australischer Kunst des 20. JH bis zu aboriginal Kunst und von chinesischer / japanischer Calligraphy bis zu zeitgenössischen Kunstinstallationen. Es ist so umfangreich und interessant, das ich auf jeden Fall noch ein paar mal hingehen werde, vorallem da der Eintritt frei ist, genauso wie die Führungen. Und weil ich auch ein paar Fotos machen will, habe ich auch eine extra Erklärung unterschrieben. Auf jeden Fall war ich diesen Abend soo müde, daß ich nach dem Dinner nichts großes mehr angefangen habe und nach einer Tasse Tee auf der Terrasse zu Bett gegangen bin. Und heute (Samstag) war ich am berühmten Palm Beach Es war gar nicht so einfach dort hin zukommen. Aber ich fand schließlich doch noch einen Bus, der mich die fast 40 km von der City raus fuhr. Aber dann hatte ich doch arge Zweifel, ob ich richtig bin: Am ganzen Strand gab es nicht eine Palme! Und - wie schade - keine Wellen. Ich hatte einen Tag ohne Wind erwischt. Aber der Strand ist doch sehr schön, wenn auch nicht so etwas besonderes . . . Ich finde den Bondi Beach genauso schön, und der ist sehr viel näher. Für die Rücktour mußte ich dann noch einen Aufschlag zahlen, da weiter gefahren war, als mein Traveler Pass gültig war. Heute Abend ist es wieder bewölkt, nachdem es Gestern und Heute die ganze Zeit phantastisch war.

Am Sonntag, den 12.11. 1995, war ich fast den ganzen Tag bei dem Abschluß des Newtown Festival. Um 12 Uhr war ich mit Eva an der Bahnstation verabredet, und nach einem Tee bei Mc Dounald sind wir dann zum Festival gegangen. Newtown ist der Stadtteil Sydneys, in dem die linke Szene konzentriert ist. So war dieses Festival ganz nach meinem Geschmack: drei Bühnen, ein Performanz Zelt und unzählige Stände, wo man Essen aus allen Ecken der Welt, First und Second Hand Klamotten, Schmuck und was weiß ich noch kaufen konnte. Ich glaube ich habe nie zuvor so viele Leute mit bunten Haaren gesehen. Ich kam mir richtig wie eine Ausnahme vor. Überhaupt waren sehr viele Leute da. Es müssen über tausend gewesen sein. Eva fand wohl nicht so richtig Geschmack daran und hatte nach einer Stunde genug. Ich noch lange nicht. Obwohl es immer mal wieder einen Schauer gab, war ich erst halb sechs wieder zurück. Ich bin die ganze Zeit zwischen der Hauptbühne, dem Technozelt, der 2. Bühne und dem Performanz Zelt herum geschlendert. Ich sah eine Bauchtanz - und eine Rap - Performanz, und hörte verschiedenste z.T. sehr gute Bands. Diesen ganzen Sonntag fühlte ich mich richtig wohl unter all diesen soo verschiedenen Leuten. Die nächste Woche (13. - 17.11.95) war ich nur noch am Mittwoch am Narraben Beach Das ist ein recht langer Strand im Norden von Sydney - fast eine Stunde mit dem Bus vom Zentrum. Es war recht schön, nur habe ich für den Rückweg fast 2h gebraucht, da ich erst keinen Expreß Bus bekam und dann über eine halbe Stunde auf die Bahn warten mußte. Außerdem habe ich diese Woche ein richtig typisch mecklenburgisches Essen gekocht. Am Freitag hatte ich genug Zeit, und Verlie wollte mal wissen was ich so zu hause esse. Also habe ich am Freitag Stampfkartoffeln mit Apfelmus und Klops gekocht. Da man in Australien kein Apfelmus (in englisch: apple sauce) kaufen kann, mußte ich es kochen. Aber insgesamt hat alles gut geklappt, und es hat allen gut geschmeckt. Und ich war stolz auf mich, da ich zuvor noch nie alleine dieses Gericht gekocht hatte.