Heute ist der 7. Oktober 1995 - schon wieder ein Samstag. Der Samstag scheint der Tag zu sein, an dem ich am meisten Zeit habe und dazu komme diesen Bericht fort zu setzten.

Damit es nicht zu langweilig wird schreibe ich nur kurz wie diese Woche war: Samstag (30.9.) habe ich eine Masse Briefe und Karten geschrieben und bin mit Mano - meinem japanischen Gastbruder - zu einen Pub gegangen, wo einer unserer Lehrer in der Band mitspielte. Am Sonntagnachmittag waren wir wieder in Manly - zum Roller-skating. D.h. ich habe mir keine Roller-skates ausgeliehen sondern den Job des Photographen übernommen. Heute war sogar Jazz in Manly, und ich erfuhr, daß der nur am Nachmittag ist. Am Abend dieses Tages gab es dann noch einen richtig lustigen Film im Fernsehen. Montag war ein Feiertag, aber ich habe leider nicht raus bekommen, was gefeiert wurde. Auf jeden Fall hatten wir keinen Unterricht. So sind wir - einige EF-ler - in das Sydney Aquarium gegangen. Das war sehr gut gemacht und hoch interessant. Ich glaube, ich war fast 3 h drin. Am Dienstag und Mittwoch war außer Schule nichts weiter los. Aber am Donnerstag hatte Nick angeboten in eine Disko in Manly zu gehen. So trafen wir uns um Halb 9 in Manly und gingen gemeinsam zu einer richtig guten Disko. Da ich etwas weit ab von den Nachbussen wohne, mußte ich die letzte Fähre um 10 min nach 12 nehmen. Aber es hat sich trotzdem gelohnt und viel Spaß gemacht. Zumindest war ich am Freitag halbwegs ausgeschlafen. Freitag - also gestern - war ein richtig ereignisreicher Tag. In der Schule hatten wir eine sehr gute Lesung zum Thema "Aborigine Kunst und Kultur", dann sind wir zum Australien Museum gegangen. Das ist ein Museum, das sich einem sehr breiten Spektrum widmet: von den Aborigines, der australischen Tierwelt, Insekten, Vögeln, Skeletten, Mineralien bis zur Evolution. Überhaupt sind australische Museen ganz anders als deutsche. Immer gibt es Abteilungen für Kinder und alles ist weniger angestaubt. Am Abend habe ich mich mit einigen BrasilianerInnen und einer Chilenin getroffen, und wir sind in einen Pub mit lateinamerikanischer Musik in den Rocks - den traditionsreichen Stadtteil vor der Harbor Bridge - gegangen. Dort konnte man auch tanzen - allerdings kann ich keine lateinamerikanischen Tänze. Von dort sind wir gegen 12 zu McDonalds gegangen und haben etwas gegessen, bevor die ersten nach Hause gefahren sind. Bei McDonalds haben wir dann noch einen Franzosen von unserer Schule getroffen. So sind wir zu dritt - die Chilenin, der Franzose und ich - zum Kings Cross gefahren. Kings Cross ist die Vergnügungsmeile von Sydney - vielleicht vergleichbar mit der Repperbahn. Aber da in Australien alles nicht so verbissen ist wie in Deutschland, gibt es dort neben Striptease - Bars, wohl auch Drogen - weswegen dieses Gebiet momentan in den Schlagzeilen ist - auch ganz normale Diskos. Einige sind sogar ohne Eintritt, weil sie mit einen Kasino gekoppelt sind. In solch einer waren wir. Bei guter Musik (ausschließlich Techno / Dancefloor) hatten wir viel Spaß. Nachdem das Mädchen mit dem Taxi nach Hause gefahren ist, sind der Franzose und ich noch 'rum geschlendert. So bin ich heute mit der ersten Bahn (kurz nach 5 Uhr) nach Hause gekommen.

Allmählich wird es Sommer. Zwar regnete es in der letzten Woche einige Tage, und war dann auch nicht ganz so warm, aber wenn die Sonne Scheint ist es schon richtig warm - beinahe etwas zu warm. Nun will ich die Zeit nutzen um mal etwas meine Gastfamilie zu beschreiben. Mrs Perkovic ist 55 Jahre alt und pensionierte Unterstufenlehrerin. Manchmal gibt sie noch Vertretungsstunden in verschiedenen Schulen. Sie hat 2 erwachsene Söhne und ist geschieden. Sie ist recht nett, und ich komme gut mit ihr aus. Mun Gyu, meinen koreanischen Gastbruder, habe ich ja schon kurz beschrieben, und über Mano, meinen japanischen Gastbruder, weiß ich leider noch nicht sehr viel. Er ist auf jeden Fall etwas älter als ich und kann noch recht wenig Englisch. Aber ich hoffe, ich lerne ihn in den 3 Monaten, die er hier ist, noch etwas besser kennen. Und wer sind nun meine Mitschüler? Wie jeder bestimmt schon mitbekommen hat, kommen sie von überall her. Besonders viele KoreanerInnen sind hier, aber auch JapanerInnen und IndonesierInnen (asiatischen Raum), dann aus Südamerika: BrasilianerInnen, eine Chilenin, einige KolumbianerInnen - ich glaube das sind alle, und aus ganz Europa (Deutschland, Frankreich, Schweiz, Norwegen, Schweden, Dänemark) sind Leute hier.

Und wie sieht nun ein normaler Tag hier aus? Ich werde jeden normalen Schultag um spätestens 6.45 Uhr von meinem Wecker aus dem Schlaf gerissen. Aber meistens bin ich dann von den Vögeln, die mit lautem Gesang den Morgen begrüßen, schon einmal geweckt. Nachdem ich dann langsam unter der Dusche wach geworden bin, kann der neue Tag kommen. Mein Frühstück besteht normaler weise aus einer Schale Müsli und 2 Toasts. Dazu 3 große Tassen Tee mit Milch - deshalb hält mich Mun Gyu für Teesüchtig. Um 10 vor 8 gehen Mun Gyu und ich - Mano nimmt die nächste, viel vollere Bahn - los und erreichen die Bahn um 8:07 Uhr. Dann sind wir um Halb 9 am Circular Quay und haben noch Zeit. Aber es ist gut 30 min Zeit zu haben, weil ich so wenigstens alle anderen Studenten sehen und ein paar Worte wechseln kann. Dann haben wir Schule. Die erste Pause (10.30 - 10.45) reicht gerade mal zum Luftschnappen. Die Langepause (von 12.15) ist etwas länger. Je nachdem, wann der SPINS startet bis 12.45 oder 2 Uhr. Zum Lange trinke ich nur einen Tee oder Kaffee. Bei McDounals kann man, wenn man einmal Tee kauft, sich sooft nachholen, wie man will. Nach dem SPINS ist dann zeit in die City zu gehen oder gleich nach Hause zu fahren. Zu Hause sind dann ersteinmal die Hausaufgaben zu erledigen - täglich fast eine Stunde. Aber da ist auch Zeit zum erzählen. Oft sitze ich in der Küche - dem Wohnraum - und unterhalte mich mit meiner Gastmutter. Das Dinner - eine richtig gute, reichliche warme Mahlzeit - bereiten wir meist zu viert vor. Nach dem Dinner (nach 8 Uhr) ist Zeit zum Fernsehen oder Briefe schreiben. Unsere Gastmutter kümmert sich ganz lieb um uns. Abwohl wir alle Freiheiten haben, ist sie immer für uns da.

Und was ist diese Woche (8.10. - 14.10.) passiert? Am Sonntag waren wir im Toranga Zoo. Das ist der größte Zoo Sydneys. Wir hatten gutes Wetter und verbrachten viele Stunden damit die verschiedensten Tiere zubestaunen. Natürlich habe wir auch Koalas und Känguruhs gesehen, aber halt auch Tiere aus allen anderen Ecken der Welt. Den Rest der Woche, war ich damit beschäftigt heraus zu bekommen, was ich in meinen Ferien machen möchte, und wieviel das so kostet. Ja Australien ist ein ganzer Kontinent, und man kann einfach nicht alles sehen, und auch wenn die Preise pro Kilometer - im Vergleich zu Europäischen Preisen - spottbillig sind, wird es durch die Dimensionen (Sydney - Adelaide: 1800 km; Adelaide - Ayers Rock: 2000 km; Ayers Rock - Darwin (Kakadu Nationalpark): 2000 km) doch recht teuer. Ich habe einmal 3 und einmal 4 Wochen Ferien. In diesen 7 Wochen möchte ich 1. den Raum zwischen Sydney, Melbourne und Adelaide und 2. Ayers Rock und den Kakadu Nationalpark besuchen. alles zusammen - inklusive Unterbringung und Essen - muß ich mit ca. 2.200 A$ rechnen. Das ist eine ganz schön große Summe, aber dafür möcht ich auch sehr viel von diesem Land sehen. Von Victoria - dem lieblichen Süden, über die Wüste um Ayers Rock bis hin zum Tropischen Kakadu Nationalpark. Mit all diesen Überlegungen brachte ich die letzte Woche zu, weil es nicht einfach ist, eine Preiswerte Verbindung zu finden. Ich werde mit Überlandbussen reisen und dann Touren unternehmen. Gestern dann waren wir nach der Schule auf der Harbour Bridge. Den einen Turm der Brücke kann man besteigen und hat von dort einen tollen Blick auf die City. Am Abend war ich noch etwas in der Stadt. Aber ich war schon um 1 Uhr zurück.