3. Die ersten Wochen

Am Samstag (23.9.95) habe ich mich mit einigen IndonesierInnen getroffen, und wir waren in China Town. Es hat viel Spaß gemacht, auch wenn die IndonesierInnen viel ihre Heimatsprache benutzten, und ich dann nichts mehr verstand. Zum Mittag habe ich dann das erste mal in meinem Leben Indonesisch gegessen. Es ist etwas ähnlich wie Chinesisch aber nicht ganz so fein. Am Nachmittag (1 Uhr) waren wir mit anderen verabredet (bei Bondi Junction), weil wir zum Strand wollten, aber wir waren leider 30 min zu spät. So sahen wir uns ersteinmal etwas in Bondi - einem Stadtteil am Pazifik - um und gingen / fuhren später auch an den Strand. Der ist sehr schön, aber leider zogen nach kurzer Zeit sehr dunkle Wolken auf, so daß wir lieber wieder zurück fuhren. Zum Dinner war ich wieder zurück, nachdem ich noch etwas Schreibpapier und Briefumschläge gekauft hatte. An diesem Abend ging ich sofort nach dem Essen zu Bett, da ich noch einiges an Schlaf nachzuholen hatte.

Sonntag war ich zwar recht ausgeschlafen, hatte dafür aber etwas Halsschmerzen. Aber heißer Tee mit Honig tat dem Hals gut. Nun sind wir schon 3 EF Studenten. Heute kam Mano aus Japan (für 12 Wochen) an. Er wohnt mit zusammen. An diesem Tag hatte Nick wieder etwas organisiert. Also trafen wir uns um 10.30 Uhr am EF House und gingen in die Rocks. Das ist der Stadtteil vor der Harbour Bridge, und dort ist Sonntags immer Markt. Leider war das Wetter, wie schon am Samstag, nicht mehr so schön wie an den Tagen zuvor. Es war trotzdem schön. Wir haben auch einem Straßenkünstler zugesehen und in der Nähe Lanch gegessen, d.h. ich habe Tee getrunken, da ich vom Frühstück noch satt war. Danach sind wir (u.a. einige Koreaner und die Japaner) nach China Town gefahren - ich also zum zweiten Mal. Es war trotzdem wieder gut und das schlendern zwischen all den Ständen macht jedes mal aufs neue Spaß. So verbrachten wir den Nachmittag. Mittlerweile fühle ich mich hier schon fast zu Hause. Sydney ist aber wie alle Großstädte recht teuer. Ich gebe schon fast A$ 20 jede Woche für den Nahverkehr aus. Aber ich bin zum Glück nicht der einzige, der etwas aufs Geld achtet, und habe bestimmt nicht am wenigsten. Am diesem Tag wollte ich schon um Halb 6 zu Hause sein, weil ich mit meiner Gastmutter zum Abendgottesdienst gehen wollte. So habe ich einen Gottesdienst der Heilsarmee erlebt, weil meine Gastmutter zu dieser Kirche geht. Es war ein richtig fröhlicher Gottesdienst. Eine Band hat gespielt und es wurde viel gesungen. Die Predigt stand unter dem Thema: Personen denen ich folge, weil sie Gott folgen, und Leute die mir folgen, weil ich Gott folge. Es war eine recht moderne Kirche, die mich etwas an eine Turmhalle erinnerte. Danach haben wir wieder - zu viert - gekocht oder waren zumindest alle in der Küche. Den Rest des Abend habe ich genutzt die erste Post fertig zu machen.

Insgesamt bin ich erstaunt, wie gut ich mich verständlich machen kann. Auch wenn ich immer wieder an meine Grenzen stoße. Wenn die Leute langsam und deutlich sperchen bekomme ich meistens mit, was los ist. Mir fehlen bloß meist die Worte, wenn ich etwas sagen möchte. Aber ich bin ja auch erste eine knappe Woche hier. In der Schule habe ich beim Cambridge Examens Test so gut abgeschnitten, daß ich mich ab Montag auf das First Certificate of English (Erstes Zertifikat in Englisch) vorbereiten kann. Wenn ich Glück habe und fleißig bin, lege ich im Dezember dann dieses untere Lavel des Cambridge Examen ab - und im Juni vielleicht noch ein höheres Lavel.

Nun ist es schon wieder Samstag, der 30. September 1995, und es liegt eine sehr erlebnisreiche Woche hinter mir. Aber mir kommt die Zeit viel länger vor. Ich kann es fast nicht glauben, daß ich noch keine 2 Wochen hier bin. Wir haben schon so viel unternommen . . . Aber es liegt auch meine erste Schulwoche hinter mir. Der Unterricht macht recht viel Spaß und unsere Lehrer sind absolut OK. Wir haben jeden Tag 3h normalen Unterricht (von 9 bis 10.30 Uhr und von 10.45 bis 12.15 Uhr) und nach dem Lunch 1h SPINS (von 12.45 oder 14 Uhr). Die SPINS sind recht interessant und vorallem über Aussprache (pronunciation) wußte ich vorher so gut wie nichts. Nur der Freitag unterscheidet sich von den anderen Tagen. An diesem Tag haben wir nur bis 10.30 Uhr Unterricht. Von 10.45 Uhr an ist dann eine Lesung zu einem bestimmten Thema, zu der alle, die möchten, kommen können. Und nach dem Lunch ist dann immer noch eine Veranstaltung im Angebot. Diesen Freitag z.B. waren wir im powerhouse museum - doch davon später mehr. Aber die Schule ist ja nicht alles. Natürlich muß ich jeden Tag fast eine Stunde Hausaufgaben machen, aber danach beginnt das wahre Leben. Sydney ist so eine aufregende -aber nicht hektische - Stadt, daß man fast jeden Nachmittag etwas unternehmen könnte. Bei all den Aktivitäten habe ich nur ein Problem - abgesehen davon das sie meistens etwas kosten - ich habe nicht genug Zeit. Schließlich wollen auch noch eine ganze Masse Leute Post von mir bekommen. Gestern kam der erste Brief von Mutti an und der enthielt gleich 5 weiter Briefe. Ich hoffe nach und nach alle zu beantworten, aber ich schaffe wirklich nie mehr als 4 Briefe pro Woche.

Nun aber wieder zu der letzten Woche. In der Nacht zum Montag goß es wie aus Eimern. Als ich am Morgen zur Bahn gehen wollte, war der Weg durch den Park von dem Fluß, der sonst hinter dem Park als kleines Flüßchen dahin plätschert, total über flutet und der Weg nur noch eine Furt. Also zogen und ich unsere Schuhe aus und warteten durch den Fluß. Wir hatten aber zumindest das Glück, daß es nicht noch von oben goß. So hatten wir nur nasse Füße. An diesem Tag ist sonst nichts bedeutendes mehr passiert. Es regnete so - mal stärker, mal weniger - vor sich hin, und ich war zu Hause. Am Dienstag bekam ich die ersten Fotos. Sie sind recht gut. Ansonsten habe nur noch einen Brief geschrieben und natürlich Hausaufgaben gemacht. Der Mittwoch war dann ein sehr erlebnisreicher Tag. Erst habe ich das erste mal Geld von meinem Konto geholt, um die Gebühr (A$ 180) für das FCE zu bezahlen, und bin nach der Schule gleich nach Hause gefahren, um etwas zu essen und mich umzuziehen, denn um 6 Uhr mußte ich schon wieder in der Stadt sein. Schließlich wollten wir diesen Abend ins Sydney Opera House zu »Carmen« gehen. Das war das absolute Highlight der ersten Wochen. Das Opera House hat ja wohl jeder auf Fotos gesehen, aber wer war da schon mal drin? Es ist ein sehr moderner - aber schöner - Bau. Und die Akustik um Saal, der 1550 Plätze hat, ist sehr gut. Wir hatten die preiswertesten Plätze, von denen man nicht die Untertitel - denn gesungen wurde in der Orginalsprache Französisch - lesen konnte und noch einen Gruppenrabat. So brauchte jeder nur A$ 45 bezahlen. Aber natürlich konnten wir die ganze Bühne übersehen und alles verstehen. Für den Inhalt gab es einen Handzettel (auf der Rückseite Werbung und neben den Namen der Sänger auch deren Sponsor). Die Sänger waren alle sehr gut. Nur hatte die Carmen rotes Haar und sah absolut nicht wie eine Spanierin aus - eher wie eine Farmerstochter. Aber gesungen hat sie großartig. Überhaupt ist Carmen - auch oder gerade in Französisch - eine phantastische Oper.

Der Donnerstag war bis zum Abend ein ganz normaler Tag. Aber um 5.30 Uhr trafen wir uns und gingen ins Hard Rock Café von Sydney. Es war sehr spaßiger Abend. Ich saß mit einigen IndonesierInnen, einer Französin, und einer anderen Deutschen (alles zusammen 8 Leute) zusammen. Sicher kennt jeder irgend ein Hard Rock Café - diese weltweit verbreite Art von Restaurants, die von zwei Amerikanern in den 60-er Jahren in London erfunden wurde, in denen man bei Rockmusik gute original amerikanische Gerichte (Burger, Fish and Chips usw.) essen kann. Das Spaßigste am diesem Abend war aber, daß wir zuviel Geld hatten. Wir bekamen nur eine Rechnung für den ganzen Tisch. So gab jeder soviel, wie er dachte das es richtig sei. So kam es das wir dem Kellner für die A$ 103 A$ 140 in die Hand drückten. Dem kam das doch etwas komisch vor, und er kam zurück und fragte, ob er wirklich A$ 30 Trinkgeld bekommen sollte. Das war nun wirklich zu viel. Also nahmen wir es zurück und hatten ein Problem: Wer bekommt wieviel zurück? Im Endeffekt bekam jeder etwas zurück und der Kellner seine 10% Trinkgeld.

Gestern dann waren wir, nach der Lesung über Haifische, im powerhouse museum Das ist ein Museum über die Technik und war sehr interessant. Das standen alte Dampflocks und Autos und auch Modellbahnen waren da. Viel Spaß hatten wir in der Abteilung speziell für Kinder bis 8 Jahre. Insgesamt bin ich in 2h durch das ganze Museum gekommen, aber man hätte auch die doppelte Zeit da zubringen können. Am Abend bin ich dann nach Manly gefahren, weil dort ein Jazz Festival sein sollte. Manly ist die Halbinsel an der nördlichen Hafen Einfahrt direkt am Pazifik. Dorthin fährt das Schnellboot 20 min. Zwar fand ich nicht das Jazz Festival, vielleicht ist heute oder morgen etwas los, aber ich wanderte etwas an der Pazifik Küste 'rum und fuhr dann nach 1 ½ h zurück. So kam ich wenigsten nicht ganz so spät ins Bett und bin jetzt richtig ausgeschlafen.